Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

Welteres aus dem Krbeltsbereich des Kolonial- 
Wirtschaftlichen Komitees. 
Unter Beteiligung von Vertretern industrieller 
und kaufmännischer Körperschaften, der kolonialen 
Missenschaften und des Reichstags haben unter 
dem Vorsitz von Karl Supf am 27. Mai die 
Frühjahrsverhandlungen des Kolonial-Wirtschaft- 
lichen Komitees stattgefunden. Dabei wurden 
über die Arbeiten des Komitees u. a. die nach- 
stehenden Mitteilungen gemacht: 
Guttapercha= und Kautschuk-Expedition 
in Neu-Guinea. 
Die Expedition ist weiter in das Innere von 
Kaiser Wilhelmsland vorgedrungen und hat über 
das Kani-Gebirge den Mudjenefluß erreicht. Der 
Kaiserliche Gonverneur von Deutsch-Neu-Guinea 
berichtete am 4. April d. Is. über den derzeitigen 
Stand des Unternehmens: 
„Auf dem Rücken des Kani-Bergstockes ist 
die zweite Etappe errichtet. Ende April wird 
der Saumweg von der Küste bis dorthin für die 
inzwischen aus Australien eingetroffenen Pferde 
passierbar sein. Der Abstieg bis zum Mudjene 
ist ausgelegt. Im ursprünglichen Expeditions- 
gebiet, im Tale des Minjem und seiner Quell- 
flüsse Jamu und Mudjene, wird mit der Erreichung 
des Kani Gutta nicht mehr oder nur vereinzelt 
angetroffen. Versandt sind bis jetzt 3925 Pf.; 
806 Pfd. fand ich in Bulu auf Lager. Leytere 
Menge wurde in der Gogol-Nuru-Ebene einwärts 
Erimahafen gewonnen, wo zur Zeit mit 6 Ko- 
lonnen gearbeitet wird. Die Eingeborenen sind 
zum Bau des Saumweges in weitem Maße 
herangezogen worden; eine Unterweisung in der 
Guttagewinnung hat bis jetzt nicht stattgefunden. 
Das Lager in Bulu war gut verwaltet. Der 
Gesundheitszustand ist befriedigend. 
Die gegenwärtige Lage nötigt zu folgenden 
Maßnahmen: 
1. Die Guttagewinnung ohne die persönliche 
Aufsicht von Dr. Schlechter erscheint zu- 
nächst unrentabel; der Betrieb in der Gogol- 
Ebene ist einzustellen. Die Ausbeute dort 
kann den Eingeborenen überlassen bleiben. 
2. Für März und April sind alle Kräfte zum 
Wegebau heranzuziehen, um im Laufe 
der Trockenzeit den wichtigsten Teil der 
Aufgabe lösen zu können, nämlich die Fest- 
stellung des Guttavorkommens im Ramu- 
tale und Bismarckgebirge. 
. Zur Erzielung einer bleibenden Gutta- 
kenntnis bei den Eingeborenen sollen Unter- 
weisungen im Gogolgebiet stattfinden unter 
Zuziehung der Missionen und der organi- 
sierten Dorfschaften. 
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* 
Mit Abschluß der Feststellungen im Bismarck- 
gebirge scheint es mir geboten, Dr. Schlechter 
noch Gelegenheit zu geben zu Erkundungen im 
Flußgebiet des Uaria, im Hüongolf und den 
Rawlinsonbergen, ferner im Gebiete der Station 
Eitape. Damit wäre der äußere Abschluß der 
Expedition in etwa Jahresfrist erreicht. 
Eine Sicherung der Nachhaltigkeit der Gutta- 
gewinnung ist damit aber nicht verbürgt, auch 
wenn die unter 3. angeordnete Maßnahme eine 
aufmerksame Erledigung gefunden hat. Sollten 
die späteren Notierungen der Gutta günstig lauten, 
so würde ich vorschlagen, aus Padang in steigen- 
dem Maße erfahrene malaiische Sammler kommen 
zu lassen und sie über das beruhigte Küstengebiet 
zu verteilen zur gemeinsamen Arbeit mit den 
Eingeborenen."“ 
Die Sortierung der Guttaperchafendungen hat 
ergeben, daß die Gutta auf Neu-Guinea in einer 
besseren und einer geringeren Qualität vorkommt. 
Von mehreren großen Kabelwerken werden zur 
Zeit fabrikatorische Versuche angestellt, um festzu- 
stellen, inwieweit sich die Gutta für Seekabel- 
zwecke eignet. 
Errichtung landwirtschaftlicher Maschinen- 
depots in den Kolonien. 
Unter Verzicht auf Erörterungen über die „Ein- 
geborenenfrage“ fördert das Komitee den Wohl- 
stand der eingeborenen Bevölkerung an Ort und 
Stelle durch Einrichtungen, welche die Hebung 
der landwirtschaftlichen Produktion bezwecken; auf 
die Gewinnung und Erzeugung der für Handel 
und Industrie des Mutterlandes wichtigen Roh- 
stoffe und Produkte legt es hierbei besonderen 
Wert. 
Den europäischen Betrieben als Qualitäts- 
und Quantitätserzeugern und den Eingeborenen- 
kulturen als Massenerzeugern läßt das Komitee 
das gleiche Interesse zuteil werden. 
Mit der natürlichen Entwicklung unserer tro- 
pischen Kolonien und dem durch die jüngst be- 
willigten Eisenbahnen erfolgenden beschleunigten 
Ausbau der Verkehrsverhältnisse Schritt haltend, 
unternimmt das Komitee nunmehr die allmäh- 
liche Einführung der modernen Technik 
in der tropischen Landwirtschaft, insbesondere die 
Einführung des Pflugs an Stelle der althergebrachten 
Hackkultur. Zu diesem Zweck beabsichtigt das 
Komitee, zunächst in Daressalam (Deutsch-Ost- 
afrika) und Lome (Togo) landwirtschaftliche 
Maschinen= und Gerätedepots (s. o.) für be- 
dürftige Kleinbauern und Eingeborene einzurichten 
und insbesondere in Ost= und Westafrika die Ein- 
führung von Pflügen zu fördern, die der Land- 
wirtschaft treibenden Bevölkerung zur Hälfte des 
Selbstkostenpreises unter Bewilligung von Zah-
	        
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