Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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selben, ferner zum Bau von Brunnen, die der 
Distrikts-Kommissioner für notwendig erachtet, 
zum Unterhalt der Grenzsteine, zum Freihalten 
der den Wohnhäusern benachbarten Plätze von 
Schutthaufen usw. sowie zur Säuberung eines 
Gebietes von 50 Yards im Umkreis rund um 
die Städte und Dörfer während des Monats 
November und zur Reinhaltung desselben bis 
zum Monat Juni verpflichtet. Außerdem müssen 
für den Gouverneur oder andere Beamten, falls 
diese sich auf Reisen befinden, die Eingeborenen 
aus den den Straßen anliegenden Dörfern die 
nötige Zahl von Trägern stellen. Sie erhalten 
für diese Arbeit, die allerdings kaum als Zwangs- 
arbeit ausgefaßt werden kann, eine Entschädigung. 
Zu den oben angeführten einzelnen Arbeiten 
sind alle Eingeborenen verpflichtet, jedoch nicht 
außerhalb ihres Bezirks. Sie werden von ihrem 
Oberhäuptling zur Ausführung derselben auf- 
gefordert, dieser hat die Aufsicht über die Arbeiten. 
Die zur Arbeit gezwungenen Eingeborenen leben 
in ihren eigenen Behausungen. Eine sonstige 
Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit findet 
nicht statt. Leute, die der Aufforderung ihres 
Oberhäuptlings zur Arbeit nicht nachkommen, 
verfallen einer Geldstrafe bis zu 10 à, an 
deren Stelle im Nichtzahlungsfalle eine Gefäng- 
nisstrafe mit oder ohne schwere Arbeit bis zu 
sechs Monaten tritt. Die gesetzliche Grundlage 
für dieses System sind die „Protektorate Proce= 
dure Rules 1905“. 
Süd-Nigerien. 
In Süd-Nigerien können die Eingeborenen 
gemäß der „Southern Nigeria Proclamation 
Nr. 15“ vom Jahre 1903 seitens des Gouver= 
neurs zur Reinigung von Creeks und Wasser- 
wegen ausfgesordert werden, jedoch nur die Be- 
wohner solcher Dörfer, die diesen Wasserwegen 
anliegen. Für die Arbeit wird eine kleine Ent- 
schädigung bezahlt. Hierbei ist zu bemerken, daß 
schon nach den Gesetzen und Gewohnheiten der 
Eingeborenen die Straßen und Wasserwege von 
den Mitgliedern der Eingeborenen-Kommnnen, 
die von ihnen Nutzen haben, in Ordnung ge- 
halten werden müssen. Die Häuptlinge sind für 
die Ausführung verantwortlich. Eine andere 
Form von Zwangsarbeit gibt es in dem Pro- 
tektorat nicht. 
Nord-Nigerien. 
Die Einwohner sind nur zum Straßenbau 
gemäß der „Roads Proclamation“ 1903 ver- 
pflichtet, und zwar alle Eingeborene ohne Unter- 
schied des Stammes. Der Headman erhält 10 sh 
für die fertiggestellte Meile, falls nicht wegen be- 
sonderer Schwierigkeiten eine größere Summe an- 
gemessen erscheint. Der Headman besorgt auch 
  
die Arbeiter in seinem Distrikt, welche nur an dem 
Teile der Straße beschäftigt werden dürfen, der 
in der Nähe des betreffenden Dorfes liegt. Die 
Eingeborenen leben in ihren eigenen Häusern und 
sind sonst keiner Beschränkung unterworfen. Der 
Headman hat das Recht, sie in jedem Vierteljahr 
zur Arbeit für die Zeit von sechs Tagen heran- 
zuziehen; jedoch wird in Ubereinstimmung mit 
den Gewohnheiten der Eingeborenen nur an 
einigen wenigen Morgenstunden gearbeitet. Ein 
Häuptling oder Headman, der der Aufforderung 
des High-Commissioner, für den Bau oder die Wieder- 
herstellung einer Straße zu sorgen, nicht nach- 
kommt, verfällt einer Geldstrafe bis zu 50 K. 
Jeder, der sich weigert, seiner Arbeit nachzukom- 
men, wird entweder nach den Gesetzen der Ein- 
geborenen oder vom Residenten mit einer Geld- 
strafe bis zu 1 & bestraft. (Im übrigen sind 
diese Strafen seit dem Inkrafttreten der be- 
treffenden Proklamation noch niemals verhängt 
worden.) 
Goldküste. 
Auch in dieser Kolonie kommt Zwangsarbeit 
im Sinne der vom Parlament gestellten Fragen 
kaum vor. Die Bestimmungen der „Roads- 
Ordinance 1894“ regeln nur den Unterhalt von 
Eingeborenen-Straßen gemäß den uralten Ge- 
bräuchen der Eingeborenen und begrenzen die 
Zahl der Tage, während denen jeder Ortshäupt- 
ling seine Leute zur Arbeit an der durch seinen 
Bezirk führenden Straße heranziehen kann. Die 
Arbeitsdauer darf sechs Tage in jedem Viertel- 
jahr nicht überschreiten. Wer sich den Anord- 
nungen des Häuptlings widersetzt, verfällt einer 
Geldstrafe bis zu 1 oder einer Gefängnisstrafe 
bis zu einem Monat. Falls der Häuptling die 
Straßen seines Bezirks gut unterhält, können ihm 
vierteljährlich für jede Meile Straße 10 sh oder 
mehr als Belohnung gewährt werden. In den 
Nord-Territorien und in Ashanti gibt es kein ge- 
setzliches System der Zwangsarbeit; da aber die 
Häuptlinge in UÜbereinstimmung mit den Gewohn- 
heiten der Eingeborenen extensive Gewalt über 
ihre Leute ausüben, so wird es wahrscheinlich 
unumgänglich sein, ihre Gewalt zu beschränken 
und zu regulieren, wie es in der Goldküsten- 
Kolonie geschehen ist. 
Uganda. 
Die einzige Arbeit, zu der die Eingeborenen 
verpflichtet sind, besteht auch hier in dem Unter- 
halt der Hauptstraßen. Der Bau der Straßen 
untersteht dem Departement der öffentlichen Ar- 
beiten. Die Eingeborenen werden zur Arbeit 
gemäß dem „Uganda Agreement 1900“ von 
ihren Häuptlingen befohlen. Der Häuptling kann 
jeden Eingeborenen für einen Monat im Jahr zu
	        
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