Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

G 9724 20 
wie an der Küste nach einer Abkühlung durch 
einen Regenguß nur zu frösteln. Dieses subjektive 
Wohlbefinden, das Gefühl, daß man in einem 
klimatisch sehr angenehmen Lande lebt, wird von 
allen europäischen Besuchern geteilt, und dies mag 
auch die Ursache dafür sein, daß vielfach die 
Möglichkeit der dauernden Akklimatisation des 
Europäers in diesen Gegenden gar nicht in Zweifel 
gezogen wird. Nicht nur flüchtige Besucher, sondern 
auch gute Tropenkenner, wie z. B. die früheren 
Gouverneure von Deutsch-Ostafrika, General= 
leutnant v. Liebert und Graf v. Götzen, sind 
von der Besiedlungsfähigkeit tropischer Hochländer, 
wie der Kilimandjaro-Gegend und Uhehe, über- 
zeugt. Und in einem Vortrag in der Deutschen 
Kolonial-Gesellschaft, Abteilung Berlin-Charlotten= 
burg, ist vor zwei Jahren Robert Koch für die 
Möglichkeit der Besiedlung der ostafrikanischen 
Hochländer vom gesundheitlichen Standpunkte aus 
eingetreten. Wenn ich es wage, trotzdem die 
Frage der vollständigen Akklimatisation des 
Europäers in diesen Gegenden als eine noch 
nicht ganz geklärte zu bezeichnen, so bitte ich, meine 
Gründe dafür sprechen zu lassen. 
Das tropische Gebirgsklima unterscheidet sich 
vom Niederungsklima dadurch, daß die Temperatur 
im ganzen niedriger ist; mit je etwa 180 m 
Erhebung nimmt die Temperatur um 1.0 ab. 
Wenn also an der ostafrikanischen Küste die mitt- 
lere Jahrestemperatur 26° C hat, so wird sie in 
Höhe von 1800 m nur noch 16° C sein; diese 
Rechnung entspricht ungefähr den tatsächlichen 
Verhältnissen. Will man aber die mittlere Jahres- 
temperatur von Berlin (etwa 8° C) erreichen, so 
muß man schon auf eine Höhe von 3200 m gehen, 
wo praktisch wegen der zu dünnen Luft Ansied- 
lungen kaum mehr möglich sind. Nun entspricht 
  
aber auch schon eine mittlere Jahrestemperatur 
von 16 bis 18° C, wie sie für die zur Besiedlung 
in Frage kommenden Gegenden am Kilimandjaro 
und von Uhehe zutrifft, nicht mehr dem eigent- 
lichen Tropenklima, sondern einem subtropischen. 
In Südafrika haben Kapstadt und Bloemfontein 
etwa eine mittlere Jahrestemperatur von 16°C, 
also Orte, wo Europäer zweifellos dauernd sich 
akklimatisieren können. Auch die größere Luft- 
trockenheit im Gebirge ist für unser Befinden von 
günstigem Einfluß. Im Kilimandjaro-Gebiet 
besteht allerdings noch eine ziemlich hohe Luft- 
feuchtigkeit. Aber in anderer Beziehung macht 
sich die äquatoriale Lage auch im Gebirge noch 
bemerkbar. Es fehlen größere Schwankungen der 
Jahreszeiten. Es fragt sich nun, ob das dauernde 
Fehlen von Winter und Sommer für uns Deutsche 
zuträglich ist. Unser Wohlbefinden wird dadurch 
zunächst nicht beeinträchtigt, im Gegenteil empfinden 
wir es vielleicht sogar angenehm, wenn die 
schroffen Gegensätze, insbesondere die intensive 
Winterkälte fehlt. Es ist aber doch zweifelhaft, 
ob nicht gerade diese Gegensätze es sind, die 
unseren Körper stählen und indirekt uns Nord- 
ländern die Energie des Willens, die Arbeitskraft 
und Arbeitsfreudigkeit verleihen, und ob unsere 
Rasse bei dem Fehlen solcher Gegensätze zwar 
nicht rasch, aber doch im Laufe der Zeit und der 
Generationen gerade an diesen Eigenschaften ein- 
büßt. Es ist zwar einzuwenden, daß im tropischen 
Hochgebirge ziemlich große Tagesschwankungen der 
Temperatur herrschen. Ob diese Tagesschwan- 
kungen das Fehlen der jahreszeitlichen Schwan- 
kungen ganz zu ersetzen vermögen, muß aber 
durch weitere Erfahrungen festgestellt werden. Es 
lassen sich diese Verhältnifse auf der nachstehenden 
Tabelle leicht erkennen. 
  
  
  
  
  
  
1 2 3 1 5 6 7 8 9 10 11 12 
———. m—m—“—“ —. 
—— ——— 2 S2 2222 « Zz3 * 
5. Es . “ “ 23 
bssbßß¼ss“s — s“ 5 
S se kKFr -“ 22 -z # E "" 5 "„"; 
— „25 " s = " — — * .s – 
ILILEIIIEELI—ILE 
—S= --—— s 
t sßß""E 82 2 22 E2 
1c— E= — — — r 25 = — 
s st m 2 25 2 2 "" ? 
5 F S = S EC 
1. Jahresmittel (Temperatuurnt 09 0 o c 59 2 * 7 2 2 
Celsiuihhhs 220.,7 19.5 16.7 16.38 17,8 8.5 25,.3 22.0 20.0 15.9 19.6 16,3 
2. Höchstes Monatsminel. 23,9 21,0 20,2 18.8 20.4 18.1 27,6 28.8 21.8 22,.6 23.2 20.6 
3. Niedrigstes Monatsmittel.8.0 17, 1 13.3 13.4 15.0 — 0.7 22.6 15.0 13,3 7.6 14.2 12,3 
4. Differenz von 2 und 8 19 3. 6.0 5.1 5,4 18,.8 5.0 13.8 11.0 15.0 9.0. 8.3 
5. Absolutes Maximum 33.5 30.2 30.5 30.6 30.3 37.0 33,.2 41,8. 37.8 34,5 10,6 36.3 
6. Absolutes Minimum 12.2 9.00 7.5 5.5. 8,.3 —25.0 16.8 — 0.1— 2,8°— 5.2 — 
7. Differenz von 5 und 6 21.3, 21.2 23.0 25.1 22.0 6% 16.4 41,9 35,0, 39.7, 40,0 33.1 
8. Mittlere zühiche Tempera- « 
turschwank 10.7 10.7 11.0 8.8 10.9 7.5 8.9 — — 16.1 14.9 10.1 
9. Relative Fruimiae ab- « 
resmitte %%% 77% utn7 70% 75% 83% — — 510% 5700 7200
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.