Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1909. (43)

— 951 — 
kriegsgerichtlich zu verfolgenden strafbaren Handlung, so hat er, falls der zustän- 
dige höhere Gerichtsherr nicht sofort erreichbar und ein sofortiges Einschreiten 
aus militärischen Gründen oder im Interesse der Untersuchung geboten ist, durch 
ein von ihm anzuordnendes Ermittelungsverfahren den Sachverhalt erforschen zu 
lassen; bei Gefahr im Verzuge ist er zur Anordnung der einstweiligen Ent- 
hebung vom Dienste, der Untersuchungshaft sowie von Durchsuchungen und 
Beschlagnahmen befugt. 
Nach Feststellung des Sachverhalts sind die entstandenen Akten unverzüg- 
lich dem zuständigen höheren Gerichtsherrn zu übersenden. 
  
§ 30. 
In den Bericht, welcher in Gemäßheit des § 158 Abs. 1 der Militär- 
strafgerichtsordnung zu erstatten ist, ist zutreffendenfalls aufzunehmen, daß die 
im Abs. 2 vorgeschriebene Anzeige an den Reichskanzler erfolgt ist. 
 § 31. 
In den Fällen der §§ 181, 184 der Militärstrafgerichtsordnung ist unter 
„Militärbehörde“ der Truppenteil beziehungsweise die nächste militärische Wache 
zu verstehen. Das Verfahren gegen die einer solchen Wache zugeführten Per- 
sonen regelt sich nach den Vorschriften der Wachinstruktion. 
§ 32. 
Zur Erlassung von Steckbriefen sind außer den Gerichtsherren befugt: die 
Befehlshaber selbständiger Abteilungen beziehungsweise die mit den Befugnissen 
eines solchen von seiten des Gouverneurs ausgestatteten Befehlshaber, sowie bei 
Entweichungen aus Gefangenanstalten oder Arbeiterabteilungen die Gouverneure, 
Kommandanten und Garnisonältesten. In Deutschland soll jeder Militärbefehlshaber 
vom Hauptmann aufwärts zum Erlasse von Steckbriefen befugt sein (§ 183 
Abs. 2 der Militärstrafgerichtsordnung). 
§ 33. 
Bedarf es bei Verbrechen des Landesverrats oder des Verrats militärischer 
Geheimnisse zur Feststellung des Tatbestandes des Gutachtens einer Militärbehörde, 
so ist dasselbe stets durch Vermittelung des Reichs-Kolonialamts einzuholen (§ 218 
Abs. 3 der Militärstrafgerichtsordnung). 
§ 34. 
Die eine Selbstentleibung betreffenden Verhandlungen — § 223 der 
Militärstrafgerichtsordnung — sind nach Abschluß der Ermittelungen dem Reichs- 
kanzler (Reichs-Kolonialamt) einzusenden. 
Gleiches gilt in den übrigen Fällen des § 223. 
Reichs-Gesetzbl. 1909. 153
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.