Das Veetsche Reich und seine einzeluen Glieder. (Dezember 12.) 205
anderen Parteien weniger bedrückt wie uns. Das ist der Umstand, daß mit
dieser Vorlage die dreijährige Dienstzeit wenigstens bei einem größeren Teile
unserer Truppen aufhören wird zu bestehen.
Meine Herren, einigermaßen kann uns ja vielleicht der Umstand
trösten, daß wenigstens im Prinzip an der dreijährigen Dienstzeit festgehalten
wird; und ich lege darauf den allerhöchsten Wert im Gegensatz zu dem
Herrn Abgeordneten Freiherrn von Huene. Aber daß dieses Aufgeben der
dreijährigen Dienstzeit für einen großen Teil des Heeres für uns doch sehr
schwerwiegende Bedenken hat, meine Herren, das muß Ihnen eigentlich schon
aus den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Richter recht klar und deut-
lich hervorgegangen sein. Meine Herren, für die dreijährige Dienstzeit hat
die konservative Partei seit einem Menschenalter in Uebereinstimmung mit
der preußischen Regierung und später mit den verbündeten Regierungen ge-
kämpft. Schulter an Schulter mit der Regierung sind die konservativen
Redner und bei den Abstimmungen die konservativen Abgeordneten für die
dreijährige Dienstzeit eingetreten. Es ist also eine harte Zumutung für
uns, daß wir die dreijährige Dienstzeit für einen großen Teil des Heeres
aufgeben sollen.
Der Abg. v. Komierowski erklärt sich gegen die Vorlage,
indem er die spezifisch polnischen Beschwerden erörtert.
12. Dezember. Auf eine Interpellation erklärt der Reichs-
kanzler, daß die Löwe'schen Gewehre durchaus tadellos seien.
Es folgt eine Interpellation des Grafen Mirbach über die
Haltung des deutschen Bevollmächtigten auf der Brüsseler Währungs-
Konferenz. Der Reichskanzler antwortet darauf:
Daß während des Verlaufs diplomatischer Verhandlungen deren
Gegenstand zur Diskussion im deutschen Reichstag gezogen wird, ist ein
auffallendes Verfahren; noch auffallender und ungewöhnlicher ist es, wenn
ich darauf antworte. Der wesentlichste Grund, der mich hierzu bestimmt,
ist, daß ich klar sehe, wie man draußen im Lande bestrebt ist, den Bi-
metallismus mit dem Antisemitismus vor denselben Wagen zu spannen
(hn Große Unruhe rechts. Hört, hört!) und mit agitatorischer Peitsche
zu fahren.
Die Behauptungen, die der Herr Abg. Graf Mirbach in seiner
Interpellation aufgestellt hat, sind vollständig irrig; vollständig irrig ist
die Behauptung, daß die in Brüssel zusammentretenden Regierungs-Bevoll-
mächtigten einmütig bestrebt seien, etwas zu stande zu bringen, und ebenso
irrig ist die Behauptung, daß die verbündeten Regierungen sich dem gegen-
über ablehnend verhalten hätten. Die verbündeten Regierungen stehen noch
heute auf dem Standpunkt, auf dem sie seit 15 Jahren stehen. Wir sind
der Meinung, daß die deutsche Position münzpolitisch eine sehr gute ist
(Bravo! und Sehr richtig links), daß es nicht rätlich ist, die Initiative im
Interesse anderer zu ergreifen. (Sehr wahr! links.) Wir beklagen die Ent-
wertung des Silbers, wir beklagen den Preiswechsel im Silber und wir
würden geneigt sein, wenn es sich nicht um das Prinzip unserer Währung
handelte, in Einzelheiten zu Konzessionen zu schreiten, wenn wir uns über-
zeugt hätten, daß diese Konzessionen erfolgreich denjenigen Uebelständen ab-
helfen würden, die hier geschildert worden sind.
Also ich wiederhole: Der Standpunkt der verbündeten Regierungen
ist derselbe geblieben; die Aeußerungen des Herrn Bankpräsidenten v. Dechend
in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ waren die Aeußerungen eines