Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Metternich's Antwort. 633 
Denkschrift. Metternich erlaubte sich dazu noch die unziemliche Bemerkung, 
die persönlichen Gefühle des Königs Friedrich Wilhelm dürften einer ge— 
sunden Politik nicht im Wege stehen. 
Ein entschlossener preußischer Staatsmann mußte nach Empfang dieser 
Erwiderung sofort erkennen, daß auf die beiden Bundesgenossen kein 
Verlaß und ein fester Anschluß an Rußland geboten war. Von den drei 
preußischen Bedingungen hatte Metternich zwei rundweg abgelehnt; und 
wer irgend wußte, wie wenig selbst ein entscheidendes Ja aus diesem Munde 
bedeutete, der mochte leicht berechnen, wie viel auf die halbe, gewundene, 
widerwillige Zustimmung zu der dritten Bedingung zu geben sei. Lag 
es denn nicht auf flacher Hand, daß „die Gewalt der Umstände die Ein— 
verleibung Sachsens nicht mehr unvermeidlich machte“, sobald Preußen 
den größten Theil von Warschau zurück erhielt? Metternich aber rechnete 
auf das leichtgläubige Vertrauen seines preußischen Freundes und froh— 
lockte laut, daß er seine Gedanken so geschickt umhüllt habe. Auch Gentz 
war mit der schriftstellerischen Leistung seines Freundes einverstanden 
und weissagte jubelnd an Wrede's Tafel, in vierzehn Tagen würde das 
System der europäischen Allianzen verschoben — das will sagen: eine 
Annäherung Oesterreichs an die Westmächte vollzogen sein. 
Gentz war es, der den Fürsten Metternich bewogen hatte in der 
Mainzer Frage so bestimmt ablehnend aufzutreten; selbst durch ein Bünd— 
niß mit Frankreich, meinte er grimmig, müsse Mainz vor Preußens Hab— 
gier gerettet werden. Diese Ansicht fand einen treuen Bundesgenossen 
an der unsterblichen Neigung unserer Kleinfürsten, das einfach Zweckmä— 
ßige nicht zu thun, die bedrohten Stellen des Vaterlandes stets den 
schwächsten Händen anzuvertrauen. Die ernestinischen Höfe, Nassau und 
Hessen erklärten am 25. October, diese wichtige Festung dürfe an keinen 
der größeren Staaten, weder an Baiern noch an Preußen, preisgegeben 
werden; sie gehöre dem gesammten Deutschland. Man schlug vor, einen 
neuen Deutschen Orden zum Schutze der Rheinfestung zu bilden; so all— 
gemein war der Widerspruch gegen die Befestigung der preußischen Macht 
am Mittelrhein, daß der Freiherr vom Stein endlich auf den künstlichen 
Plan verfiel, den Kronprinzen von Württemberg als deutschen Feldmar— 
schall in Mainz zu versorgen. Wer sehen wollte konnte auch aus anderen 
Anzeichen entnehmen, wie Oesterreich gegen Preußen gesinnt war. Die 
im tiefsten Vertrauen an Metternich mitgetheilte preußische Landkarte, 
welche jenen „Isthmus“ südhannoverschen Landes zur Verbindung der 
östlichen mit den westlichen Provinzen für Preußen verlangte, wurde, wie 
Münster selbst erzählt, durch die österreichischen Staatsmänner dem wel— 
fischen Diplomaten verrathen. 
Gleichzeitig mit der Antwort an Hardenberg (22. Oct.) erklärte Met— 
ternich in einem Schreiben an Castlereagh: Oesterreich könne nur ungern 
einen Zwischenstaat fallen lassen, der so oft für das Gleichgewicht Deutsch—
	        
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