Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

sogar auf einem leibhaftigen Kamel war der Vater geritten, genau 
so einem, wie wir es im Zoologischen Garten gesehen hatten! 
Wir feierten Weihnachten noch zusammen in Cannes, dann reisten 
meine Eltern nach Deutschland ab, und wir blieben mit Hinzpeter 
allein zurück. Wir siedelten nun aus dem Hotel in die Villa Gabrielle 
über, deren Beranda vornehmlich zu unserm „Gorschungsinstitut" 
wurde. Abwechflungsreiche Reit= und Fußtouren in die prächtigen 
Wälder der Umgebung vertrieben uns die Zeit, wenn Hinzpeter 
uns nicht mit Schularbeiten plagte. Wir gingen auch oft in das 
Grand Hötel hinüber, um Tante Alexandrine und die niederländischen 
Verwandten zu besuchen. Beide Tanten waren krank, aber während 
die mecklenburgische Tante sich wieder gut erholte, immer froher Laune 
war und nicht müde wurde, uns Geschichten zu erzählen, wurde 
Tante Luise immer kränker, Ende 1870 ist sie gestorben. 
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Von der französischen Armee bekam ich zu meiner Freude dann 
und wann auch etwas zu sehen. Wenn die Soldaten mit der „Musique“ 
oder „Clairon en täte“ dahermarschiert kamen, mischte ich mich unter 
die Schulsugend von Cannes und lief in gleichem Schritt und Tritt 
neben der Kolonne her. Besonders angezogen wurde ich immer von 
den schmetternden Klängen der lustigen Hörner. Ich habe sie später 
als Batafllonskommandeur bei meinen Spielleuten eingeführt und 
blasen lassen, wenn die Regimentsmusik nicht zur Hand war. 
* 
Ein Besuch des herrlichen, landschaftlich schönen Kriegshafens Tou- 
lon vermittelte uns auch einen lehrreichen Einblick in die französische 
Marine. Unter Führung des trefflichen deutschen Konsuls Schencking, 
eines Westfalen und Landsmannes von Hinzpeter, besichtigten wir 
die Werftanlagen und die auf Reede liegenden Schiffe. Ein liebens- 
würdiger Offizier begleitete die Besucher auf Befehl des die Station 
befehligenden Admtrals. So sahen wir die kalserliche Bacht „Aigle“, 
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