82 Ueber die Verpflichtung restaurirter Regierungen
verweigerten Anerkennung der westiphälischen Staatsschulden
gewesen und nur die Vermischung mit der Domainenfrage , von
der sie, wie sich unten zeigen wird, gesondert werden muss,
hat sie häufig einer gleichen Verdammung unterworfen, obwohl
sie auch rechtlich, wie wir glauben, anders zu entscheiden ist,
als man gewöhnlich meint,
Auch die ziemlich zahlreichen wissenschaftlichen Erörterungen
und selbst Urtheile oberster Gerichtshöfe in den betheiligten
Staaten, z. B. der Oberappellationsgerichte zu Cassel, Wolfen-
bültel, sowie Facultätserkenntnisse, haben sich keineswegs günstig
für. den Grundsatz von der absoluten Unverbindlichkeit
der Handlungen des Zwischenherrschers ausgesprochen. Die
meisten Urtheile und Schriflen beziehen sich aber nur auf zwei
besonders lebhaft erörterte Fragen, nämlich auf das Recht der
westphälischen Domainenkäufer und der Schuldner des
Staats oder des vertriebenen Fürsten, welche eine während der
Zwischenherrschaft oder eine durch Zahlungen an den Eroberer
eingetretene gänzliche oder theilweise Befreiung von ihrer Schuld
behaupteten ').
Rechnet man die in einer sehr unerquicklichen Manier ge-
schriebene Abhandlung von L. Schaumann, die rechtlichen
Verhältnisse des legitimen Fürsten, des Usurpators u. s. w., Cassel
1820, ab, welche besonders gegen ein, auch in den Bundes-
verhandlungen vorkommendes, Urtheil der Giessner Juristen-
facultät in einer die Hannover’sche Domainenkammer betreffenden
Rechtssache gerichtet ist, — so lässt sich gar keine Schrift,
und noch viel weniger eine wissenschaftliche Autorität nambaft
machen, welche jene Unverbindlichkeit in der von den betheiligten
Regierungen behaupteten Weise in Schutz genommen hätte.
Dagegen haben sich die anerkanntesten publicistischen Autoriläten,
wie z. B. K. S. Zachariä, Pfeiffer, Behr, Stickel u. A.,
—
1) Vergleiche die Literatur bei Klüber, öffentliches Recht 6. 253;
H. A. Zachariä, Deutsches Staats- und Bundesrecht, Theil I, Seite 202;
Zöpfl, Grundsätze des constitutionellen Staatsrechts, 3. Ausgabe, $6. 74;
Pfeiffer, Das Recht der Kriegseroberung in Beziehung auf Staatscapitalien,
Cassel 1833, wo sich in der Vorrede Seite VIIT— XIV das genaueste Ver-
weichniss der bis 1823 erschienenen Schriften findet.