Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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Erfolgt die Hinterlegung nicht binnen der bestimmten Frist, so unterbleibt 
die Ladung, wenn die Hinterlegung, nicht so zeitig nachgeholt wird, daß die Ver= 
nehmung ohne Verzögerung des Verfahrens erfolgen kann. 
 §. 345. 
Ein ordnungsmäßig geladener Zeuge, welcher nicht erscheint, ist ohne daß 
es eines Antrags bedarf, in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten sowie 
zu einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark und für den Fall, daß diese nicht 
beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu ver= 
urtheilen. 
Im Falle wiederholten Ausbleibens kann die Strafe noch einmal erkannt, 
auch die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden. 
Gegen diese Beschlüsse findet die Beschwerde statt. 
Die Festsetzung und die Vollstreckung der Strafe gegen eine dem aktiven 
Heere oder der aktiven Marine angehörende Militärperson erfolgt auf Ersuchen 
durch das Militärgericht, die Vorführung einer solchen Person durch Ersuchen 
der Militärbehörde. 
§. 346. 
Die Verurtheilung in Strafe und Kosten unterbleibt, wenn das Ausbleiben 
des Zeugen genügend entschuldigt ist. Erfolgt nachträglich genügende Ent= 
schuldigung, so werden die gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen wieder 
aufgehoben. 
Die Anzeigen und Gesuche des Zeugen können schriftlich oder zum Proto= 
kolle des Gerichtsschreibers oder mündlich in dem zur Vernehmung bestimmten 
neuen Termine angebracht werden. 
§. 347. 
Der Reichskanzler, die Minister eines Bundesstaates, die Mitglieder der 
Senate der freien Hansestädte, die Vorstände der obersten Reichsbehörden und 
die Vorstände der Ministerien sind an ihrem Amtssitze oder, wenn sie sich 
außerhalb desselben aufhalten, an ihrem Aufenthaltsorte zu vernehmen. 
Die Mitglieder des Bundesraths sind während ihres Aufenthalts am Sitze 
des Bundesraths an diesem Sitze, die Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden 
Versammlung während der Sitzungsperiode und ihres Aufenthalts am Orte der 
Versammlung an diesem Orte zu vernehmen. 
Zu einer Abweichung von den vorstehenden Bestimmungen bedarf es: 
in Betreff des Reichskanzlers der Genehmigung des Kaisers, 
in Betreff der Minister und der Mitglieder des Bundesraths der Ge- 
nehmigung des Landesherrn, 
in Betreff der Mitglieder der Senate der freien Hanfestädte der Ge- 
nehmigung des Senats, 
in Betreff der übrigen vorbezeichneten Beamten der Genehmigung ihres 
unmittelbaren Vorgesetzten, 
in Betreff der Mitglieder einer gesetzgebenden Versammlung der Ge- 
nehmigung der letzteren.
	        
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