Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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vier bis sechs Meter hoch aufragen, hohle, gerade 
Schäfte mit einem Büschel großer Blätter und 
einer langen dichten Blütenähre. Über dieser 
Krautwildnis erheben sich einzelne mächtige 
Bäume, zum Teil noch in voller Kraft, zum 
Teil angebrannt und verdorrte Aste wie an- 
klagend aufreckend, traurige Reste einer rücksichts- 
los vernichteten Waldvegetation. Der eigentliche 
Wald dürfte in seinem Charakter und auch in 
seiner floristischen Zusammensetzung dem der 
Usambara-Berge und des Kilimandscharo am 
nächsten kommen, wenigstens der östliche Teil. 
Dafür spricht u. a. das Vorkommen des vom 
Kilimandscharo zuerst beschriebenen Cornus 
Volkensii, eines mit der Kornelkirsche ver- 
verwandten Baumes, sowie des Stearodendron, 
einer Guttifere von mächtigen Dimensionen mit 
schönen kirschroten Blüten, eines Riesen des 
Waldes. Sehr häufig ist ein Olbaum, mit 
geradem grauen Stamm und aufstrebenden Asten, 
die eine flache Krone tiefdunkelgrünen Laubes 
tragen. Bemerkenswert sind die zahlreichen 
Moore und Brüche an den Quellbächen des 
Rukarara, in denen eine andere Art hochschäftiger 
Lobelien besonders auffällt; Torfmoosarten, eine 
rosa blühende Erika und Myrikabüsche erinnern 
an heimische Moore. Ganz heimatlich muten 
auch die vielen grauen Bartflechten an den 
Zweigen an. Jenseits der Wasserscheide ändert 
sich der Charakter; die Flechten, der Olbaum, 
der Cornus verschwinden, es treten aber zwei 
Arten von Podocarpus, allerdings nur spärlich, 
auf; eine Meliazee, mit sehr großen lederigen 
Fiederblättern, wahrscheinlich eine Eckebergia, 
wird hier häufiger, und ein riesiges Parinarium 
kommt hinzu. Am westlichen Rande bildet eine 
große Dimensionen erreichende Faurea von ganz 
weidenartigem Habitus geschlossene, aber lichte 
Bestände. Darauf folgt wieder eine Ver- 
nichtungszone mit Adlerfarn und gegen den Kiwn 
auch Hänge mit ursprünglicher Gebirgssteppe, die 
sich freilich in dem reich angebauten Lande nur 
in Resten und stark verändert erhalten hat.“ 
„Die Fauna dieses Bergurwaldes enthält," 
wie Dr. Schubotz angibt, „Formen, die wir 
vom Kilimandscharo, den Bergwäldern von 
Usambara und vom Ruwenzori her kennen. 
Cynniris medioeris, ein reizender kleiner kolibri- 
ähnlicher Vogel, der schöne blangrüne Pisang= 
fresser, Turacus Johnstoni, Charaktervogel des 
Rugege-Waldes, ein mit drei Hörnern versehenes 
Chamäleon und ein Kolobusaffe sind solche 
typischen Hochgebirgsformen. Von großen Säugern 
leben hier: Elefanten, Büffel, offenbar die west- 
liche Form, der sogenannte Rotbüffel der Kongo- 
lesen, Buschböcke und Schweine. Von wirbel- 
losen Tieren beanspruchen besonderes Interesse 
  
Strudelwürmer (Planarien), die in dem eisig- 
kalten Wasser des Rukarara häufig sind. Schmetter- 
linge und andere Insekten sind spärlich und ent- 
sprechen nicht den Vorstellungen, die man sich 
in Europa von einem zentralafrikanischen Urwalde 
zu machen pflegt. Aber man bedenkt dort auch 
nicht, daß hier, wenige Grade unter dem Aquator, 
die Temperatur des Nachts bis auf 0 Grad sinkt 
und am Tage oft nicht über 10 Grad Réaumur 
steigt. Unter diesen Umständen machte sich der 
Einfluß der Wasserscheide zwischen Nil und Kongo- 
system, die auf dem Marsche nach Ischangi über- 
schritten wurde, auffallend bemerkbar. Die mehr 
tropische Natur dieses westlichen Waldteiles offen- 
barte sich in dem plötzlichen Auftreten großer 
Scharen von Graupapageien, die bisher nur 
spärlich waren, und des Riesenturaco (Cory- 
thaeola cristata), eines bisher noch ganz fehlenden 
Charaktervogels des westlichen Afrika.“ 
„Von Ischangi aus gelangten wir nach drei- 
tägiger Bootfahrt über den Kiwu-See nach 
Kissenhi. Hier im Standlager der Expedition 
wurden die Sammlungen geordnet und versandt, 
die Ausrüstung vervollständigt und dann zur 
Erforschung des Sees und seiner Inseln 
geschritten. Durch Fisch-, Dredge= und Plankton- 
züge ergab sich eine ganz auffallende Artenarmut 
dieses Gewässers, die sehr wohl mit der Theorie 
von seiner rezenten Entstehung übereinstimmt. 
Der See ist durchaus nicht fischarm, aber die 
Arten gehören bis auf wenige Ausnahmen einer 
einzigen Familie, den Chromiden, barschähnlichen, 
sehr schmackhaften Fischen, an. Muscheln und 
Wasserschnecken fehlen völlig, von Krustazeen 
finden sich nur Taschenkrebse und Planktonformen 
vor. Die fossile Fauna, Bryozoen (Moostierchen) 
und Spongien (Schwämme) scheinen ebenfalls 
völlig zu fehlen, was wohl mit der Armut des 
Sees an Wasserpflanzen zusammenhängt.“ 
„Dredgezüge brachten ausnahmslos nur reinen 
Kiessand, wie er namentlich das Nordufer bei 
Kissenyi bedeckt, ans Tageslicht. Ahnlich wie die 
Fische verhält sich das Plankton. Es ist quanti- 
tativ reich, aber sehr einförmig. Bei weitem 
vorherrschend sind in ihm Kopepoden, mikroskopisch 
kleine Krebschen, die auch unsere heimischen Ge- 
wässer reich bevölkern. 
Eine zweiwöchige Exkursion machten der 
Botaniker und ich nach den großen Inselu 
Magarura, Wau und Kwidschwi. Magarura 
ist zum größten Teil mit dichtem Buschwald be- 
standen, der seiner Zusammensetzung nach ganz 
den Charakter des östlichen Steppenbusches trägt. 
Wau hat eine ganz andere Vegetation, zum Teil 
hohes Elefantengras mit einigen Steppenbäumen, 
zum Teil aber einen fast undurchdringlichen Baum- 
buschwald, in dem die große Zahl (7 bis 8) von
	        
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