Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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unmöglich machen, daß große Landstrecken nur zu 
Spekulationszwecken ausgenützt würden. Es wäre 
nötig, daß eine Preisskala für die verschiedenen 
Bodenarten aufgestellt würde und daß zu diesem 
Zweck dem Land Office Beamte mit technischen 
Kenntnissen zugesellt würden. Bei Kleinsiedlungen 
werde im allgemeinen ein Gebiet in der Größe 
von 320 Acres ausreichen. Die Kleinsiedlung 
sollte nach Möglichkeit befördert werden. 
Die Regierung ist den Wünschen der Siedler 
zunächst darin entgegengekommen, daß sie einen 
mit der Ansiedlung vertrauten Landkommissar er- 
naunt und den Beamtenstab des Land Office ver- 
mehrt hat. Die Bodengesetze werden revidiert. 
Allerdings sind die Siedler, wie jüngste Vorkomm- 
nisse in der Kolonie zeigen, auch jetzt noch nicht 
befriedigt. 
’bDber ägyptische Sudan im Jahre 1907.“) 
Die allgemeine Entwicklung des Sudan 
zeigt einen stetigen Fortschritt. Mit besonderer 
Befriedigung wird das freudige Zusammenarbeiten 
aller Beamten der Sudan-Regierung und ins- 
besondere das gute Verhältnis, welches sich fast 
überall zwischen den englischen Beamten und den 
Eingeborenen entwickelt hat, hervorgehoben. 
Die Sicherheit der Grenzen war, in Anbe- 
tracht ihrer großen Ausdehnung und der 
Schwierigkeit ihrer Bewachung bei der doch nur 
nominellen Herrschaft über die Grenzdistrikte, ver- 
hältnismäßig wenig gestört. Nur an der abessy- 
nischen Grenze kam es zu bewaffneten Zusammen- 
stöhen mit den wilden Stämmen, aber auch hier 
sollen infolge der Grenzregulierung die Ver- 
hältnisse besser geworden sein. Das zwischen dem 
Kongostaat und dem Sudan strittige Gebiet wurde 
von den belgischen Truppen geräumt, die ver- 
seenen Posten seitens der Sudan-Regierung nicht 
esetzt. 
Eine englisch-belgische Kommission war im 
vergangenen Jahre in der Lado-Enklave mit den 
Vorarbeiten für die Nil-Kongo-Bahn be— 
schäftigt. Die Vorschläge dieser Kommission bilden 
den Gegenstand der Beratung zwischen beiden 
Regierungen. 
Was die Sicherheit innerhalb der Grenzen 
betrift, so stellt Sir Eldon Gorst fest, daß nur 
ein einziges Mal die Entfaltung von bewaffneter 
Macht nötig war, und zwar in der Bahreel- 
Ghazal-Provinz, um den Räubereien der Advot- 
Dinkas Einhalt zu tun, die schon öfters Unruhen 
hervorriefen. Doch hat kurz nach Abschluß des 
Jahresberichts u. a. das Auftauchen eines Mahdi 
") Nach dem letzten Jahresbericht des General- 
Gorwerneurs Sir Eldon Gorst. 
  
bewiesen, daß man der Ruhe im Innern nicht 
ganz trauen darf. 
Die Bevölkerung des Sudan nimmt stetig 
zu; man schätzt die Einwohnerzahl auf über zwei 
Millionen. Die Zahl der Europäer stieg von 
3104 im Jahre 1906 auf 3914, diejenige der 
im Sudan lebenden Agypter, Abessynier und 
Inder von 9815 auf 17 030. Immer noch 
macht sich Mangel an Arbeitskräften gegenüber 
der Nachfrage der Regierung und Privater 
geltend. 
Bezüglich der Organisation des Unterrichts 
wird auf frühere Berichte verwiesen. Die Bafis 
bilden die einheimischen Elementarschulen, deren 
nunmehr zwanzig bestehen. Dazu kommen sechs 
höhere Schulen. Im ganzen wurden im ver- 
gangenen Jahre in den staatlichen Schulen 
2643 Kinder (gegen 2005 im Jahre 1906) unter- 
richtet. Der Mangel an einheimischem Lehrer- 
Material für die Elementarschulen fand allmählich 
Abhilfe durch Errichtung von 4 Lehrerbildungs- 
anstalten, auf denen 174 Angehörige der einfluß- 
reichsten sudanesischen Familien, zwischen 17 und 
24 Jahren, unterrichtet werden, um nach einem 
fünfjährigen Kursus entweder als Lehrer an den 
Elementarschulen oder als Richter bei den niederen 
(Distrikts-) Gerichten Verwendung zu finden. In 
der Haltung der Bevölkerung gegenüber den ein- 
heimischen Schulen zeigte sich eine erfreuliche 
Besserung, die es sogar ermöglichte, in einzelnen 
Provinzen Gemeindesteuern zur Unterhaltung von 
Elementarschulen zu erheben. 
Der zivilisatorischen Tätigkeit der angli- 
kanischen, österreichischen und amerikanischen Mis- 
sionen, die auch verschiedene Schulen unter- 
halten, wird anerkennend gedacht. Unter den 
österreichischen Missionaren befinden sich mehrere 
deutsche Reichsangehörige. 
Die Finanzlage des Sudan hat sich weiter 
verhältnismäßig günstig entwickelt. Der Vor- 
anschlag für 1907 rechnete auf: 
Einnahmen. LE 825 000 
Ausgaben . 1 078 000 
Defizit KE 253 000 
Das Resultat des vergangenen Finanzjahres 
wird indessen folgendes sein: 
Einnahmen. E 966 000 
Ausgabeen 1 013000 
Defizit LE 470000 
Da der jährliche Beitrag Agyptens zu den 
Ausgaben für die Zivilverwaltung des Sudan 
auf &KE 253 006 festgesetzt ist, so ergibt sich ein 
Überschuß von KE 206 000, der dem Reserve- 
fonds überwiesen wird. Dieser dürfte nach Ab-
	        
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