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Sachen des Handels keine Partei hin und
her. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß der
Handel ganz genau weiß, was er braucht und
will. Ich muß mich gegen ihn bloß dann wenden,
wenn statt usus abusus eintritt. Und da hat
man gesagt: der Inder wuchere die Schwarzen
aus. Das sagen die Leute. Aber wenn jemand
einen anderen auswuchert, dann kann man ihn
bestrafen lassen. Meldet es nur! Wir werden
ihn strafen.
Dann ist es doch sehr wunderbar, daß gerade
die kleinen Pflanzer sagen: der Inder wuchere
die Schwarzen aus. Was will aber der kleine
Pflanzer? Er will an die Stelle des Inders
treten. Der Inder muß geradezu vernichtet
werden, damit der kleine Pflanzer arbeiten kann.
Warum? Wenn jemand mit Kosten und Kapital-
ausstattung nach Afrika geht, wenn er rechnen
muß, daß er höchstens zehn Jahre dort leben
kann, wenn er europäische Bedürfnisse nicht auf-
geben kann, dann muß er eben eine größere
Summe Geldes im Jahr einnehmen. Er braucht
das Vermögen, mit dem er nach Hause gehen
will; denn in der Heimat hat er sich entwurzelt.
Alles das braucht der Inder nicht. Er lebt sein
ganzes Leben dort. Er hat geringe Bedürfnisse
und vererbt sein Geschäft vom Vater auf den
Sohn. So habe ich die Behauptung für un-
richtig gefunden, die Inder verschleppten das
Geld außer Landes. Vielmehr sind es die Inder,
die lange dort bleiben, viel länger als die Euro-
päer. Es sind oft große Häuser. Ein Beamter
hat mir einmal gesagt: sehen Sie, was für Geld
nach Bombay kommt! Jedes Jahr geht so und
so viel hinaus in Postanweisungen. M. H.,
wenn aber jemand ein großes Vermögen macht,
schickt er sein Vermögen nicht in Postanweisungen
mit Maximalsummen von 400 Mk. fort und wenn
jemand ein Kaufmann ist, schickt er nicht den
Überschuß an eine Bank, sondern er steckt ihn
ins Geschäft und erweitert es. Dieser Abfluß des
Geldes nach Indien ist die Bezahlung für die
Tücher, für den Reis usw. Keine kleine Summel
Daraus ist aber nichts zu entnehmen. Im
Gegenteil: ich habe viel mehr alte Inder in Ost-
afrika gesehen als alte Deutsche.
Heute kann jeder Weiße neben dem Inder
sein Geschäft machen. Aber der Weiße ist nicht
so konkurrenzfähig. Deshalb wird verlangt, daß
der Inder entfernt werde. Nun, m. H., daß der
Inder ein hbchst anständiger und sauberer Ge-
schäftsmann ist, kann kein Mensch behaupten.
Das ist gar nicht die Frage. Was können Sie
von einem Hausierer verlangen? (Heiterkeit.) Was
für Erfahrungen haben wir mit den deutschen
Kleinhändlern gemacht? (Heiterkeit.)
Unsere Erfahrungen lehren, daß wir immer
die größten Schwierigkeiten mit den deutschen
Händlern gehabt haben. Sie haben den Ein-
geborenen ihr Vieh weggetrieben, sich mit den
Sultanstöchtern verheiratet. Sie haben mit dem
schwarzen Sultan getrunken und den deutschen
Namen fast mehr heruntergebracht als irgend
etwas anderes. Warum sollen wir uns darüber
echauffieren? Lassen wir den Händler seinen Weg
gehen! Sind die Gesetze nicht ausreichend, um
die Auswucherung der Schwarzen durch Inder
zu verhindern, so machen wir sie schärfer. Aber
ich habe keine Lust, die Zerstörung des Handels
von 36 Millionen und einen Ausfall an den vier
Millionen Fiskaleinnahmen zustande zu bringen.
Die deutschen Kaufleute sagen, ohne den Inder
können wir nicht arbeiten. Und ich glaube ihnen
das. Alle diese Einnahmen, die wir haben, ba-
sieren auf dem Handel. Es ist ein Unrecht zu
verlangen, man solle den Inder vernichten.
Nun zur Kleinsiedlung. Ich moöchte sie
gern unterstützen. Die kleinen Siedler in Ost-
und West-Usambara werden schon von der Re-
gierung möglichst unterstützt in einer Form, die
sich etatmäßig nicht zeigt. Bei den Straßen-
bauten gibt man ihnen Lose, um ihnen bares
Geld in die Hand zu geben. Aber dann kommen
sie wieder und sagen: Die Regierung ist gegen
eine deutsche Besiedlung in Ostafrika. Wie un-
richtig ist das! Am 23. September hat mir der
Farmerverein in West-Usambara eine Eingabe
übermittelt, aus der ich folgendes vorlese. Es
sind 17 Kolonisten in West-Usambara und die
hatten geschrieben:
In dem Gebirge im Westen von Usambara
haben 20 Familien Platz; 17 sind schon da, nun
wollen sie noch drei hereinlassen und das soll die
Regierung betreiben.
M. H.! Auch sonst sind die Anforderungen
dieser kleinen Farmer nicht besonders bescheiden;
weil es sich aber um schwer kämpfende Existenzen
handelt, möchte ich besonders mild verfahren und
denen, die dort sind, nach allen Richtungen hin
gern helfen. Aber eine große Einwanderung
nach Ostafrika ist heute nicht an der Zeit.
Es sind schon zuviel Reibungsflächen vorhanden
und dann müssen Sie selbstverständlich so und so-
viel Polizisten und so und soviel Ausgaben für
die Rechtspflege mehr haben, daß das nicht lohnt.
Wenn wir einmal die Oberhand haben und wissen,
was der Deutsche in den Tropen leisten kann,
sind wir gern bereit, uns darüber zu äußern.
Heute sage ich: Wer hinausgeht, ist will-
kommen; er wird behandelt wie jeder andere,
aber einen Gegenstand für besondere Bene-
fizien kann er nicht bilden.
Um dieser Frage überhaupt näher zu treten,
habe ich das Kaiserliche Gesundheitsamt veran-