Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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der Buschmannskunst zu tun haben, daß die Künstler 
noch nicht imstande waren, Tierbilder zu zeichnen 
und auszuhauen, sondern daß sie vorerst nur 
Spuren der ihnen bekannten Wildarten in natür- 
lichem Maßstabe wiedergeben konnten. Die 
meisten, etwa 3 bis 5 mm tief eingehauenen, 
zum Teil schon etwas verwitterten Spuren liegen 
im Rivier selbst, unmittelbar am Wasser, d. h. da, 
wo jetzt noch in der Regenzeit Wasser steht oder 
fließt. Hier, im kühlen Grunde, im Schatten der 
hohen Felswände und der Laubbäume, hatten die 
Arbeiter — ich nehme mehrere an, da die Spuren 
verschiedene Grade von Kunstfertigkeit und Ge- 
schicklichkeit verraten — schattige und angenehme 
Arbeitsplätze und dicht neben sich kühles, klares 
Wasser, einmal zum Trinken, dann aber auch zum 
Schärfen der Meißel, denn das harte Gestein er- 
forderte harte und scharfe Bearbeitungsinstrumente. 
Welchen Zweck diese Buschmannszeichnungen 
gehabt haben, läßt sich sehr schwer beurtilen. 
Noch heute wohnen die Buschleute sehr weit, oft 
20 bis 30 km, vom Wasser entfernt. Die Wasser- 
holer pflegen stets längere Zeit am Wasser zu 
verweilen, um sich recht satt trinken zu können; 
sie nehmen dann das Wasser für sich und den 
Rest der Werft auf viele Tage in Gefäßen mit 
sich zurück. Vielleicht hatten die Wasserträger da- 
mals das Bedürfnis, während der Zeit, wo sie 
am Wasser weilten, sich irgendwie zu beschäftigen, 
vielleicht auch wollten sie gewissermaßen Instruk- 
tionstafeln für ihre Jugend herstellen. Die Zeich- 
nungen sind wohl das älteste kulturhistorische 
Denkmal, welches wir in unserer Kolonie besitzen; 
sie beweisen ohne Frage, daß die damaligen (vor- 
übergehenden oder dauernden) Bewohner der 
Otawi-Berge auf einer wesentlich höheren Kultur- 
stuse standen als die jetzt in unserer Kolonie 
lebenden Eingeborenen. Die Zeichnungen bieten 
uns aber auch wertvolle Anhaltspunkte für die 
Fauna der damaligen Zeit, denn unzweifelhaft 
haben die Tiere, deren Spuren wir heute noch 
eingezeichnet sehen, damals in unserer Kolonie 
gelebt. 
Das Alter der Zeichnungen ist außerordentlich 
schwer festzustellen. In der Felsennische sind die 
Zeichnungen sehr gut erhalten; hier blieben sie 
vor Witterungseinflüssen, insbesondere vor Schlag- 
regen und Triebsand, geschützt. An anderen 
Stellen dagegen haben Wasser, Steine und Sand 
das Ihrige getan, um trotz des außerordentlich 
harten Gesteins die Konturen der Zeichnungen zu 
verwischen. Im Gedächtnis und Bewußtsein der 
Eingeborenen von Ghaub (Nama, Buschleute, 
Bergdamara) hat sich auch nicht die geringste Er- 
innerung an den Ursprung dieser Zeichen erhalten. 
Teilnahmslos starren sie die Spuren an, und nur 
ganz wenige Eingeborene kennen überhaupt die 
  
betreffenden Stellen. Mit vieler Mühe habe ich 
herausbekommen, daß noch mehrere derartige 
Spurenstellen in der Gegend von Ghaub, und 
zwar alle nordwestlich des Platzes, vorhanden 
sein sollen. 
Es wäre in hohem Grade verdienstlich, wenn 
alle in Frage kommenden Stellen gründlich unter- 
sucht und die Ergebnisse der Wissenschaft zugäng- 
lich gemacht würden. 
III. 
Der Riesenpontok von Haiseums. 
Einc knappe Stunde westlich von Nabis liegt 
Haiseums (zu deutsch: der falsche Pontok), eine 
gewaltige Felsmasse in der Form eines Riesen- 
pontoks oder Bienenkorbes. Er lehnt sich an 
einen Bergsattel an, und zwar so, daß man auf 
dem Wege von Ghaub her über den Sattel nur 
wenige Schritte zu steigen braucht, um plötzlich 
auf seinem Dache zu stehen. Man ist, aus dem 
Buschwald kommend, ganz überrascht über die 
weite Fernsicht auf eine große, viele Kilometer 
breite Ebene, die, fast überall von Hügelketten 
umgeben, sich zu Füßen des Pontoks ausbreitet. 
Das Wunderbare ist, daß die Wände des Felsens, 
der aus gl ich G gl 1 miti s 13341. ss g 
besteht, in das auch die erwähnten Spuren ein- 
gemeißelt find, wie Mosaikboden gleichmäßig glatt 
abgeschliffen sind. Erst wenn man in die Ebene 
hinuntersteigt, bekommt man den richtigen Be- 
griff von den Größenverhältnissen des Pontoks. 
Ich schätze die Höhe auf 15 bis 20 m, den 
Durchmesser in der Basis auf 25 bis 30 m. 
Derartig barocke Formen sind hier häufig und 
verdanken ihre Gestalt der Verwitterung, die in- 
folge des herrschenden Klimas ganz enorm ist. 
IV. 
Die Wasserstelle Gaus. 
Die Pferde der 10. Kompagnie, von einem 
Tiger geschreckt, waren einstmals weggelaufen. 
Ihre Spuren führten in die Otawi-Berge zu der 
vorzüglichen Wasserstelle Gaus. Sie liegt etwa 
1700 m hoch. Wenn man die Pad Ghaub— 
Rietfontein verläßt und im gewundenen, roman- 
tischen Gebirgstal nach Gaus reitet, kommt man, 
immer bergan, durch neun immer kleiner werdende 
Gebirgskessel. Die Landschaft wird immer mehr und 
mehr alpin, und bei Gaus selbst kann man sich mit 
geringer Phantasie in die Voralpen versetzt glauben. 
Der Platz ist von größtem Werte, denn Malaria 
und Pferdesterbe sind dort oben selbst in diesem 
starken Regen= und Sterbejahre nicht vorgekommen. 
Nebenbei möchte ich bemerken, daß der Weg von 
Otawi über Gaus nach Ghaub, namentlich die 
zweite Hälfte, zu den schönsten im Norden gehört, 
die ich kenne. Die Gebirgsformen, die sonst im
	        
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