Object: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

S##lien. (Februar 16.—März 14.) 247 
einen handelspolitischen Charakter und bezweckt, bessere Beziehungen und 
gute Nachbarschaft zwischen den beiden Nationen herzustellen. Wenn der 
französische Minister Delcassé geäußert habe, daß sich in den letzten zehn 
Jahren in den Beziehungen Italiens zu Frankreich etwas geändert habe, 
so sei das vollkommen wahr. Wir haben da unter anderem den tunefischen 
Vertrag gehabt und dann das gleichzeitige Verweilen der Truppen beider 
Länder auf Kreta. Zwei Jahre lang hat unsere Flotte mit der französischen 
und derjenigen der anderen Mächte zusammengewirkt, sind unsere Truppen 
mit den französischen und denen der übrigen Länder in enger Berührunggeblieben, 
und dies beiderseitige Zusammenwirken hat glänzende Ergebnisse geliefert. 
Diese Thatsachen find in Wahrheit ein Anzeichen dafür, daß in den Be- 
ziehungen zwischen Italien und Frankreich eine Aenderung eingetreten 
ist. Frankreich hat seine Verpflichtungen gegen Rußland nicht versäumt 
und Italien auch nicht gegen Deutschland und Oesterreich-Ungarn. Es 
sind überhaupt keinerlei politische Verpflichtungen verletzt worden, auch 
haben die Allianzen ihre Richtung nicht verändert. Es hieße die Loyalität 
der französischen Regierung und die Ehrlichkeit der Politik des italienischen 
Kabinets beleidigen, wollte man dies glauben.“ — Der Senat nimmt den 
Vertrag mit 105 gegen 16 Stimmen an. 
Februar. Die Regierung protestiert in Noten an die russische 
und niederländische Regierung gegen die Absicht, den Papst zur 
Friedenskonferenz einzuladen und erklärt, sich fernzuhalten, wenn 
der Papfst teilnehme. 
16. Februar bis 4. März. (Kammer.) Erste Beratung der 
Vorlagen zum Schutze der öffentlichen Sicherheit. 
Ende Februar. Anf. März. Es wird bekannt (28. Februar), 
daß Italien von China die Abtretung oder Verpachtung der Sanmun- 
Bai verlangt, China aber die Konzession abgelehnt hat (5. März). 
14. März. (Deputiertenkammer.) Der Minister des Aus- 
wärtigen, Canevaro, gibt folgende Darstellung über die Aktion 
Italiens in China: 
Als die Regierung beschlossen habe, sich eine Flottenstation in 
China und möglicherweise den einen oder andern weitern VBorteil zu 
sichern, der dort der Entwickelung des Handels und der Industrie Italiens 
förderlich sein könne, damit Italien sich nicht die Zukunft in dem aus- 
gedehnten Reiche verschließe, das alle in Europa für so vielversprechend 
hielten, habe er zunächst bei der britischen und der japanischen Regierung 
angefragt, ob sie gegen den Plan etwas einzuwenden hätten, da Italien 
seinen Platz zwischen der japanischen Einflußprovinz und den dem britischen 
Einflusse unterstehenden Chusan-Inseln würde einzunehmen haben. Die 
beiden befreundeten Staaten hätten sich glücklich erklärt, Italien zum 
Nachbar zu haben. Indessen habe Großbritannien verlangt, daß Italien 
nicht zu Gewaltmaßnahmen greife und über die Abtretung der Sanmun- 
Bai auf diplomatischem Wege verhandele, wobei Großbritannien zugesichert 
habe, Italien dafür diplomatisch bei China zu unterstützen. Er habe 
alsdann den Gesandten de Martino angewiesen, die Unterhandlungen zu 
eröffnen. Gleichzeitig habe er die befreundeten Mächte, namentlich die bei 
den chinesischen Angelegenheiten hauptsächlich interessierten benachrichtigt. 
Alle ohne Unterschied hätten von seinen Erklärungen sympathisch Akt
	        
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