Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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hindert außerdem den allzu raschen Abfluß des 
Wassers und wirkt sonach ausgleichend auf die 
Extreme des Wasserstandes, indem er die mecha- 
nische Gewalt der Platzregen durch seinen Kronen- 
raum bricht und die Wasseraufnahme durch seine 
Bodenzusammensetzung erleichtert, Folgen, welche 
naturgemäß in Gebieten mit ausgesprochenen 
Trocken= und Regenperioden an Bedeutung ge- 
winnen. Soweit ich bislang Gelegenheit hatte 
zur Beobachtung, ist die oberste Bodendecke in 
tropischen Waldungen eine dünne Streulage mit 
einer geringen darunter liegenden Humusschicht, 
also eine Bodenzusammensetzung, welche für die 
Wasseraufnahme als sehr günstig zu bezeichnen 
it. Ein weiterer Umstand, der in tropischen Ge- 
bieten die Durchfeuchtung von Steppenböden viel 
ungünstiger gestalten muß, als die von Wald- 
böden, ist das infolge der Trockenheit der obersten 
Bodenlagen erschwerte Eindringen des Regen- 
wassers in den Boden. Infolgedessen verliert 
der ausgetrocknete Steppenboden durch Ver- 
dunstung viel mehr von dem gefallenen Regen 
als der stets feuchtere und daher das Wasser 
leichter aufnehmende Waldboden; denn die Wasser- 
verdunstung des Bodens vermindert sich, je tieser 
die verdunstende Schicht liegt. Als Mitte April 
die Regenzeit einsetzte, konnte ich beobachten, daß 
besonders bei den ersten Regenfällen das Wasser 
noch mehrere Stunden nach dem Aufhören des 
Regens auf dem trockenen Steppenboden in großen 
Lachen lag, trotzdem der Boden von sandiger Be- 
schaffenheit und somit für Wasser sehr durchlässig 
war. Dieses schwere Eindringen des Wassers 
führe ich auf die enorme Austrocknung des 
Steppenbodens während der Trockenzeit zurück. 
Bon den längere Zeit dem Boden aufliegenden 
Wasserlachen wird nun ein großer Teil des 
Wassers gar nicht in den Boden gelangen, son- 
dern schon vorher verdunsten, bevor nur der 
Boden wasseraufnahmefähig wird. Aus diesem 
Grunde werden namentlich in der Trockenzeit 
vereinzelt fallende Regen dem Steppenboden 
bur weniger Feuchtigkeit zuführen, als dem Wald- 
en. 
Eine Reihe von Faltoren bewirkt also, daß 
das Quellgebiet eines Flusses, wenn es mit Wald 
bestockt ist, in viel größerem und vor allem auch 
zu viel nachhaltigerem Maße Wasser erhält, als 
enn es mit Baumsteppe oder irgend einer 
andern Vegetationsform bedeckt ist. Umfang- 
eiche Entholzungen auf Flußgebieten werden 
aus den oben angeführten Gründen einerseits zu 
Gewisen Zeiten Mangel an Wasser, anderseits 
* auch extrem hohe Wasserstände zur Folge 
dben Das Flußgebiet des Haho liefert hierfür 
8 n deutlichsten Beweis. Begreiflicherweise werden 
ie Wirkungen des Waldes als Erhalter der 
  
Feuchtigkeit und der Quellen besonders hoch sein 
in den Gebirgen, welche aus verschiedenen 
Gründen meistens höhere Niederschläge haben 
und welche durch ihre Abhänge und Gräben 
gewissermaßen natürliche Wasserfang-Apparate 
darstellen. Nach Aussage der Eingeborenen soll 
beispielsweise der Fluß Agbango das ganze Jahr 
reichlich Wasser führen, der Dine hingegen nicht. 
Wenn diese Mitteilung der Eingeborenen sich 
bestätigt, so würde sie ihre Erklärung darin finden, 
daß die beiden Flüsse, obwohl sie hinsichtlich 
ihrer Lage ein gleichgünstiges Quellgebiet haben, 
doch ungleiche Vegetationsverhältnisse aufweisen. 
Der Agbango entspringt einem reicher bewaldeten 
Gebiet. Der Gebirgswald gewinnt aber außer- 
dem noch an Bedeutung dadurch, daß er die 
Geschwindigkeit und die mechanische Gewalt des 
abfließenden Wassers mäßigt und mittels seines 
dichten Wurzelnetzes das lose Erdreich und die 
verwitternden Gesteinsmassen bindet. Entwal- 
dungen im Gebirge bergen daher stets eine große 
Gefährdung der angrenzenden Täler in sich. Die 
Notwendigkeit der Erhaltung der Gebirgswälder 
erhellt aus den großen Anstrengungen und dem 
Kostenaufwande von Hunderten von Millionen, 
welche einzelne Staaten Europas machen müssen, 
um die enormen Nachteile der planlosen Ent- 
waldung von der gefährdeten Einwohnerschaft 
ganzer Provinzen abzuwenden. 
Ich habe an die Schilderung der während 
dieser Reise angetroffenen Vegetationsverhältnisse 
die kurze Abhandlung über die Einwirkung des 
Waldes auf Klima und den Kreislauf des 
Wassers und die Erörterungen über die Folgen 
von ausgedehnten Entwaldungen deshalb ge- 
knüpft, um zu zeigen, daß in diesem Gebiete 
die Ausdehnung der Waldverwüstung nicht bloß 
ihre äußerste Grenze erreicht hat, sondern diese 
Grenze bereits weit überschritten hat. In den 
von mir bisher bereisten Gebieten des südlichen 
Togo ist der Prozentsatz der Bewaldung ganz 
abnorm ungünstig; ich schätze die Bewal- 
dungsziffer auf ein Prozent. Beispielsweise 
beträgt die Bewaldungsziffer von der Gesamt- 
landesfläche des Deutschen Reiches 25,7, Oster- 
reichs 32,5 Proz. Wenn aber die Vernichtung 
der Wälder eines Landes Veränderungen in dem 
physischen Zustande derselben nach sich ziehen, die 
eine nachteilige Wirkung für die Gesamtheit der 
Bewohner haben, so rechtfertigt dies ein Ein- 
greifen der Staatsgewalt, um die Erhaltung der 
Wälder da zu sichern, wo dieselbe aus den er- 
örterten Gründen unbedingt geboten ist. Und 
tatsächlich zeigt auch die Rechtsgeschichte fast aller 
Kulturstaaten ein Eingreifen der staatlichen Obrig- 
keit zum Schutze der Wälder vor maßloser Zer- 
störung.
	        
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